Das Leben mit straffälligen jungen Männern zu verbringen und sie in ihrem Alltag zu unterstützen und zu ermutigen ist äußerst spannend, aber auch sehr herausfordernd. Zu sehen, dass sich nicht nur die jungen Männer weiterentwickeln, sondern dass man auch selbst an seinen Aufgaben wächst und sich verändert ist sehr motivierend.
Sehr bereichernd ist vor allem die Gemeinschaft im Seehaus. Man sammelt viele Eindrücke und Erfahrungen mit verschiedenen Menschen und wird durch Andere im christlichen Glauben gestärkt. Nachdem Abitur war es mir wichtig eine Herausforderung zu suchen, die mich im Leben voranbringt, wo ich Menschen verändern kann und über meine eigenen Grenzen hinauswachse. Und genau diese Chance sehe ich hier im Seehaus.
September 2023
Ich blicke mit viel Dankbarkeit auf eine prägende Zeit voller Eindrücke, Möglichkeiten und Herausforderungen im Seehaus Leipzig zurück. Nach dem Abitur wollte ich die Chance nutzen etwas Neues im Leben auszuprobieren, bevor ich ein Studium anstrebe. Ich wollte mich selbst herausfordern und daran wachsen, selbstbewusster und selbstständiger werden, aber mich auch glaubensmäßig weiterentwickeln. Das Seehaus Leipzig erschien daher für mich relativ passend.
Die dortige Lebensgemeinschaft kennenzulernen, dran teilzunehmen und meinen Horizont zu erweitern war ebenso ein entscheidender Punkt, wie die Arbeit mit den jungen Männern. Die Chance, ihnen mit meinen Möglichkeiten weiterhelfen zu können, wollte ich gern nutzen.
Meine Seehauszeit trug zu Beginn so einige Herausforderungen mit sich. Unvorhergesehenes, wie Krankheiten und eine Verletzung haben mich am Anfang sehr ausgebremst. Der Umstand, dass wir ein kleineres Jahresteam waren, erschwerten meine Erwartung an Gemeinschaft. Dennoch habe ich diese Herausforderungen gut überstanden. Ich habe mich charakterlich weiterentwickelt und an Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein dazugewonnen. Meine Aufgaben habe ich gewissenhaft erledigt und gelernt Grenzen zu setzen im Umgang mit den jungen Männern. Auch glaubensmäßig konnte ich Wachstum erfahren. Gespräche mit den Seehäuslern und die Ermutigung im Glauben durch die morgendlichen Impulse waren geistlich sehr bereichernd für mich.
Zu meinen Aufgabenbereichen gehörten die Hauswirtschaft, darin einbegriffen der Vorratscheck, Essensplanung, Einkauf und Kochen. Die Hauseltern durfte ich primär bei WG-Diensten oder in Form von Kinderbetreuung unterstützen. Die jungen Männer habe ich bei vielen Programmpunkten als 2. Mitarbeiter begleitet, sei es beim Schulsport, Frühsport, Zirkeltraining, Rugby oder beim gemeinnützigen Samstag. Kleinere Verwaltungs- oder Reinigungsaufgaben, sowie Dienstfahrten waren auch Teil meiner Arbeit. Die Vielseitigkeit der Aufgaben sorgte für Motivation. Die Wocheneinkäufe habe ich immer mit viel Ehrgeiz durchgeführt und konnte mein Verantwortungsbewusstsein stärken. Vorratscheck & Essensplanung fand ich eher herausfordernd. Man musste sich immer wieder auf Neues einstellen, spontane Ergänzungen oder Änderungen erforderten.
Als Jahresmitarbeiter musste ich mich auch erstmal an einige Umstellungen gewöhnen, wie die geteilten Arbeitszeiten – teilweise hatte man keinen Feierabend, sondern nur Pausenzeiten. Außerdem ist man Teil einer Lebensgemeinschaft und lebt sowohl mit den Mitarbeitern, als auch den jungen Männern gemeinsam im Seehaus. Es erfordert zum einen Verantwortung, Flexibilität und die Einschränkung der eigenen Privatsphäre. Zum anderen können viele neue Erfahrungen und Eindrücke gesammelt werden, es kommt zu Begegnungen mit verschiedensten Menschen und man lernt unterschiedliche Lebensgeschichten kennen. Ein Leben geprägt von Wertschätzung, Herausforderungen und Möglichkeiten.
Probleme anzugehen und lösungsorientiert zu handeln konnte ich im Seehaus, vor allem im WG-Alltag lernen. Ich habe Bereitschaft und Mut gezeigt neues auszuprobieren, sei es der Kettensägen-Kurs oder auch die Rugby-AG. Auch mein Ehrgeiz und meine Zielstrebigkeit konnte ich erweitern unter anderem beim Halbmarathon, welchen ich vor meinem BFD nie im Sinn gehabt hätte zu laufen. Viele meiner Aufgabenbereiche, als auch den jungen Männern Werte und Regelungen vorzuleben haben mein Verantwortungs- und Selbstbewusstsein gestärkt.
Die Erfahrungen und Eindrücke, die Herausforderungen und Möglichkeiten, aber auch die Begegnungen mit anderen Menschen und das christliche Umfeld können die eigene Entwicklung echt stark vorantreiben. Anderen zu helfen und sich selbst im Seehaus einzubringen mit seinen Gaben und Fähigkeiten ist genauso wertvoll. Die Vielseitigkeit der Aufgabenbereiche macht die Arbeit abwechslungsreich. Ich finde es ist auch ein guter Übergang bis zur Ausbildung oder zum Studium.
Du lebst mit allen Vor- und Nachteilen in einer großen Gemeinschaft. Es wird ein intensives Jahr. Fehler sind unvermeidbar und man sollte stets das Unerwartete erwarten. Deine Arbeit als Jahresmitarbeiter dort wird viel von dir fordern und gleichzeitig ist es für dich und das Seehaus eine wertvolle Bereicherung, vor allem wenn dein Herz dafür brennt!
Juli 2024