Tätern ist oft nicht bewusst, welche Folgen ihre Straftaten für die Opfer und die Gesellschaft haben. Sie beschäftigen sich mehr mit ihrer eigenen Situation und finden Rechtfertigungsgründe für ihre Tat. Dass Opfer leiden und mit psychischen Folgen wie Angstzuständen oder Schlaflosigkeit zu kämpfen haben, bedenken viele Täter nicht.
Das Opferempathie-Training (OET) setzt genau dort an. Bei Gruppentreffen und in Einzelgesprächen werden Straffällige für das Empfinden der Opfer sensibilisiert. Die Auseinandersetzung damit, was ein Täter anderen Menschen angetan hat, die Entwicklung einer neuen Sichtweise auf die Straftaten und Empathie für die Opfer spielen eine entscheidende Rolle bei der Vermeidung erneuter Straffälligkeit.
Die Ziele des OET
- Auseinandersetzung mit den Ursachen und Folgen der Straftat
- Übernahme von Verantwortung für die Tat und (Weiter-) Entwicklung von Empathie für Opfer
- Möglichkeiten zur Wiedergutmachung andenken
Vor Trainingsbeginn
- Allgemeiner Informationstermin für Interessierte (Regeln, Abläufe, Themen, etc.)
- Vorgespräche mit jedem Interessierten vor verbindlicher Entscheidung für das OET
- Auswahl von geeigneten Teilnehmenden durch die Trainierenden (ausreichende Sprachkenntnisse, Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit der Straftat, Akzeptanz der Trainingsregeln und -inhalte, Zusammensetzung der Gruppe)
Trainingsverlauf
- Pro Trainingseinheit maximal 8 Inhaftierte bei freiwilliger Teilnahme
- Je nach JVA 11-13 Trainings-Einheiten von je 2 Stunden (praxisorientiert, interaktiv, realitätsnah)
- Parallel dazu wöchentlich Einzelgespräche zwischen 45 und 60 Minuten (Vertiefung der Trainings-Inhalte, Fokus auf Ursachen und Folgen der Taten, Besprechung der Hausaufgaben aus dem Training); bei Teilnehmenden mit Sprachbarriere, Analphabetismus oder bei großem Gesprächsbedarf auch 90 Minuten
- Abschließend: Teilnahme-Zertifikat, Abschlussbericht an die JVA
Stimmen von Teilnehmern
Die Einzelgespräche haben mir gutgetan. Ich hatte die Möglichkeit über meine Fehler zu sprechen. Das Gruppentraining war gut. Durch die anderen Teilnehmer habe ich Mut gefasst, über alles zu reden und manche Zusammenhänge besser verstanden.
M. Y., Kurs 2 in der JVA Offenburg
Das Training war hilfreich und hat mir die Augen geöffnet. Es hat dazu geführt, dass ich mich besser in andere Leute hineinversetzen kann. Ich bin dankbar für die Zeit.
S. P., Kurs 2 in der JVA Offenburg
Mir ist jetzt viel mehr bewusst, welches Ausmaß meine Straftat hat. Bei der Aufstellung von direkten und indirekten Opfern habe ich das erste Mal realisiert, wer alles unter meiner Tat leiden musste.
S. S, Kurs 2 in der JVA Ulm
Normalerweise fällt es mir schwer, mich gegenüber anderen Leuten zu öffnen. In meiner Trainingsgruppe war das anders. Ich habe versucht, mich einzubringen, so gut es geht. Ich will von jedem Thema das Beste mitnehmen und es in Zukunft umsetzen.
M. F., Kurs 1 in der JVA Offenburg
Obwohl ich sonst ein Therapiemuffel bin, habe ich mich entschieden, beim OET teilzunehmen. Ich habe erkannt, dass ziemlich viel Potenzial in mir steckt und dass ich trotzdem in manchen Bereichen Hilfe brauche.
S. W., Kurs 1 in der JVA Offenburg
Am Anfang war ich noch der Meinung, dass Gewalt und Straftat nicht so schlimm sind, wie man behauptet. Doch nach und nach, bzw. je intensiver es wurden, Einzelgespräche und Gruppe, habe ich mehr darüber nachgedacht, vor allem über Folgen von Taten, Folgen für Opfer und Täter, Folgen für Familie und Freunde. Was ich vorher nie getan habe. Dadurch hat sich meine Sichtweise zu Gewalt und Straftaten verändert.
Kursteilnehmer aus der JVA Dresden
Das Opferempathie-Training ist bislang in folgenden JVAs durchgeführt worden:
Baden-Württemberg
- Offenburg
- Ulm
- Heimsheim
- Heilbronn
- Adelsheim
- Schwäbisch Gmünd
Sachsen
- Dresden
- Zwickau