Mein Aufgabenbereich besteht im Wesentlichen aus drei Teilen. Zum einen gehe ich der Hausmutter im Haushalt zur Hand: Kaufe ein, erledige weiter Fahrten oder bereite das Essen für die WG zu. Auch die Betreuung der Kinder gehört zu meinen Aufgaben: Vor allem deie beiden Kinder der Hauseltern, ab und zu springe ich auch mal bei den Kindern unserer Leiterfamilie ein. Der dritte wesentliche Punkt sind natürlich die Jungs, mit denen ich morgens und abends Freizeit gestalte. Ich helfe bei den Hausaufgaben, begleite die Raucher zum Raucherplatz, gebe den Kiosk aus. Es wird zusammen gelebt, gegessen, manchmal einfach Karten gespielt oder mal zusammen gebacken. Auch die Gästebetreuung (Zimmer richten) gehört zu meinen Aufgaben.
Eine Lieblingsaufgabe auszumachen finde ich echt schwer. Oft ist es schön, mit den Jungs Zeit zu verbringen. Besondere Erlebnisse, wie der Besuch der Hallen-Hockey-WM oder die Ostertour gehören zu den Highlights, ebenso wie die Zeiten im Garten oder am See. Es macht echt Spaß, die Kinder wachsen zu sehen und mit ihnen zu spielen. Einkaufen gehen und dann bei der Essenszubereitung kreativ werden – das ist schön.
Wie auch in anderen WGs ist es manchmal anstrengend, mit unterschiedlichsten Charakteren zusammen zu leben. Vor allem die Sonntage in der WG können anstrengend sein. Für die Jungs ist das wohl der entspannteste Tag der Woche – für Mitarbeiter nicht immer. Den ganzen Tag mit der Jungs zu verbringen ist einerseits schön, man bleibt aber die ganze Zeit in der Verantwortung. Am Ende des Wochenendes ist man manchmal ordentlich geplättet, nicht weil man körperlich viel geleistet hat – man muss einfach immer präsent sein. Zusätzlich ist man als FSJler im gleichen Alter und kann gut Erfahrungen teilen und eine Beziehung zu den Jungs aufbauen, muss aber gleichzeitig – vor allem als Frau – die nötige Distanz wahren und Grenzen setzen. Das ist eine Herausforderung, hier die richtige Mischung zu finden: Vertrauen aufzubauen, aber auch mal Autorität zu zeigen.
Wer sich überlegt, ein FSJ im Seehaus zu machen, sollte wissen, dass man das nicht nebenher machen kann, sondern ganz dabei ist. Man wohnt hier auf dem Gelände, man hat einen oft langen Arbeitstag und viele verschiedene Aufgaben. In der WG nimmt man am Familienleben teil, verbringt viel Zeit mit Jungs und Hauseltern und lernt sich gut kennen, was echt schön ist. Von Anfang an wird einem im Seehaus Vertrauen entgegengebracht, aber auch verantwortliches Handeln verlangt – man wird Teil eines Teams ganz unterschiedlicher Charaktere. Es werden Herausforderungen kommen, auf die man sich vielleicht nicht immer vorbereiten kann. Aber es sind immer Leute da, die einen unterstützen und man wächst an seinen Erfahrungen. Wenn ihr euch überlegt, ein FSJ hier im Seehaus zu machen: Überlegt nicht lange und schaut es euch an. Es ist auf jeden Fall eine Erfahrung für´s Leben, die ihr nicht vergessen werdet – ich würde es sofort wieder tun.
Ich habe mich sicher verändert in dem Jahr. Ich bin an den Herausforderungen des Alltags gewachsen und gereift. Ich bin selbstständiger geworden, selbstbewusster. Ich habe gelernt, zu kochen und Freude daran gefunden. Ich habe gelernt, mich auf die Jungs einzulassen. Und vor allem, dass man den Jungs auf ihrem Weg ein Stück weit begleiten kann, dann aber auch loslassen muss. Man kann an der Vergangenheit nichts verändern und die Zukunft haben die Jungs selbst in der Hand. Man kann am Hier und Jetzt arbeiten, ihnen ein Vorbild sein und sie auf die Zukunft vorbereiten. Es ist schön, sie auf ihrem Weg zu begleiten und das Team ein Jahr lang zu unterstützen.
Mein Fazit: Es ist manchmal eine ganz schöne Herausforderung, trotz gleichen Alters Vorbild zu sein und mit unterschiedlichen Charakteren in einer WG zusammen zu leben. Die Tage waren voll: Haushalt, Kinderbetreuung, WG-Alltag – es gibt immer etwas zu tun. Es war schön, mich mit meiner Persönlichkeit einbringen zu können, über mich hinauszuwachsen und auch mal Schwäche zeigen zu dürfen. Es war eine tolle Erfahrung, mit den Jungs zusammenzuleben und sie auf ihrem Weg zu begleiten.
Störmthal, August 2015