Ein Jahr raus und mal was ganz anderes machen? Leben in einer Lebensgemeinschaft? Arbeit mit jugendlichen Straftätern?
Das klang für mich nach Herausforderung und Abwechslung. Nach dem Abi hab ich also meine sieben Sachen gepackt und bin nach Störmthal, um dort ein FSJ WG zu machen. Die vielfältigen Aufgaben zu überblicken und mich selbst zu organisieren war zuerst eine Herausforderung für mich. Neben kochen, Babysitten, einkaufen, Verwaltungsarbeiten und der Verantwortung für die Gästezimmer habe ich im täglichen WG-Leben auch viel Zeit mit den Jungs verbracht. Von Skat über Basketball bis hin zu Wasserschlachten oder einfach ein gutes Gespräch zwischendurch war alles dabei.
Wenn ich auf das Jahr zurückblicke, dann fällt mir der Vergleich mit einem Apfel ein. Pflückt man ihn von seinem Baum, an dem er über lange Zeit hinweg gewachsen ist, so ist er zu Beginn rosig und glatt. Gibt man ihm genügend Zeit und Raum, so wird er von ganz allein nachreifen. Dann kann er sein volles Aroma entfalten. Die Kerne, die übrig bleiben, können aufgehen und für andere zum Segen werden durch neue Äpfel oder Schatten, den der Baum spenden wird.
Mir ging es ähnlich. Ich kam mit 18 Jahren ins Seehaus, bin mit meinen Aufgaben gewachsen und hatte viele intensive und prägende Erlebnisse. Ich hatte immer das Gefühl, wertgeschätzt zu sein und hoffe, dem Seehaus mit meiner Arbeit auch etwas zurückgegeben zu haben. Die Kerne, die in mich eingepflanzt wurden, sind zu einem großen Segen geworden und ich gehe jetzt sehr gestärkt in einen neuen Lebensabschnitt, in dem ich mit Sicherheit viel von den gesammelten Erfahrungen profitieren kann.Ich konnte mich ausprobieren, viel Verantwortung übernehmen und Freizeiten mitorganisieren und habe mich dabei nie allein gelassen gefühlt. Besonders intensiv fand ich die Ostertour, bei der wir mit den Jungs, Rucksäcken und knappem Essen vier Tage lang unterwegs waren und uns selbst Zelte gebaut haben. Auch wenn die Tage oft sehr lang und anstrengend waren, habe ich die Zeit meines FSJ als Bereicherung empfunden.
Ich bin Gott sehr dankbar für das vergangene Jahr.
Störmthal, August 2014