Freiwilligendienstler im Seehaus zu sein bedeutete für mich ein Teil einer familiären Gemeinschaft zu sein, in deren Dienst ich mich gestellt habe. Es bedeutete, Vorbild für unsere jungen Männer zu sein und meinen Glauben praktisch zu leben. Meine Aufgaben unterteilen sich in den WG-Dienst und die Arbeit für den Bau.
Im WG-Dienst habe ich die Hauseltern bei der Betreuung der jungen Männer unterstützt, in dem ich sie zum Beispiel bei Wegen begleitet oder verschiedene Dinge organisiert habe, die die jungen Männer benötigen, aber selbst nicht besorgen dürfen. Des Weiteren die Unterstützung beim Beaufsichtigen der jungen Männer und damit verbunden meine Augen darauf zu haben, dass sich alle an die Regeln halten. Ab und zu durfte ich mich auch um die Kinder der Hauseltern kümmern.
Zu der Arbeit auf dem Bau gehört die Geländepflege, Putzdienste, Fahrdienste, Autopflege, der Ehrenamtssamstag und aller ein bis zwei Wochen ein Besuch in der Werkstatt. Einmal in der Woche bin ich noch mit beim Großeinkauf dabei und zweimal die Woche beim Frühsport.Die Begleitung durch das Seehaus war ziemlich angenehm. In der Einarbeitungszeit habe ich einen Laufzettel bekommen, der mich durch verschiedene Bereiche des Seehauses geführt und so dafür gesorgt hat, dass ich die wichtigsten Sachen auf jeden Fall gesagt bzw. gezeigt bekomme. Durch meinen persönlichen Anleiter wurde ich immer wieder herausgefordert, im persönlichen als auch in der Arbeit und wurde auch ermutigt Fehler zu machen, was auf jeden Fall Druck genommen hat. Manchmal wurde ich auch mit Aufgaben ins kalte Wasser geworfen. Man wächst an diesen Herausforderungen.
Für mich war die Gemeinschaft etwas sehr besonderes. Im Mitarbeiterteam gab es eine tolle Atmosphäre, in der ich mich sehr wohl gefühlt habe. Auch weil sich immer wieder sehr interessante und persönliche Gespräche ergeben haben. Damit verbunden war auch ein guter Umgang miteinander, wobei es natürlich normal ist, dass Konflikte entstehen, wenn man so nahe miteinander lebt.Am Anfang ist es mir schwer gefallen, mich selbst an die Regeln zu halten (zum Beispiel bestimmte Wörter nicht benutzen, Tischregeln). Des Weiteren in Konfliktsituationen die richtigen Entscheidungen zu treffen, um auf der einen Seite deeskalierend zu wirken, andererseits aber auch Fehlverhalten nicht unter den Tisch fallen zu lassen. Natürlich auch der Rollenkonflikt zwischen Aufsichtsperson und Freund sein. Die straffen Tagesabläufe können einen ziemlich einengen.
Besonders geschätzt an dem Jahr habe ich so nah mit Menschen zusammen zu leben und zu arbeiten, viel selbst organisieren und einteilen zu können, Abwechslung zwischen Teamarbeit und selbstständigen Arbeiten. Generell ist die Arbeit sehr abwechslungsreich. Dazu habe ich einiges über Konflikte und Konfliktlösung gelernt und wie wichtig Kommunikation unter den Mitarbeitern ist. Ich habe neue Erfahrungen im Umgang mit Konflikten gesammelt, die mir sicherlich in Zukunft weiter helfen werden und Einblick in das Leben von Strafgefangen erhalten und dadurch verdeutlicht bekommen, wie gut es mir doch geht. Mir ist auch bewusster geworden, wie groß die Verantwortung für die eigenen Entscheidungen ist.
Als Tipps für meine Nachfolger noch folgendes: Probleme, egal welcher Art, sofort ansprechen und sich helfen lassen. Unbedingt Feedback einfordern. Nicht aufregen, nur wundern ;)
FSJ-Bewerber sollten bedenken, dass die Seehauszeit ziemlich herausfordernd ist und einem ziemlich vereinnahmen wird. Man muss sich auch bewusst sein, dass es nicht so leicht ist noch andere Aktivitäten neben der Arbeit zu betreiben (zeitlich und örtlich bedingt). Aber es lohnt sich auf jeden Fall, wenn man bereit ist, sich in eine Gemeinschaft zu investieren.
Störmthal, August 2017