Ich lebe für ein Jahr mit auf der WG Hofmann und unterstütze unsere Hausmutter im Haushalt. Zu meinen Aufgaben gehört zum Beispiel unsere Jugendlichen bei ihren morgendlichen Diensten zu bewerten, sie zur Arbeit zu begleiten, sie bei Hausaufgaben oder Bewerbungen zu unterstützen, für die Wohngemeinschaft zu kochen und für Ordnung im Haushalt zu sorgen. Außerdem versuche ich unsere Hausmutter mit den drei kleinen Hofmann-Kids zu entlasten und verbringe so viel Zeit mit Kaufladen spielen, auf dem Spielplatz oder beim Enten füttern an unserem Teich. Mit den beiden Haushaltmitarbeiterinnen der anderen WGs teile ich mir die Aufgabe, für alle Wohngemeinschaften Lebensmittel einkaufen zu gehen. Das Leben mit den Jugendlichen ist verbunden mit vielen Herausforderungen. Das ist einerseits anstrengend, weil man immer Vorbild sein muss, wenig Freizeit hat oder, weil man die Jugendlichen oftmals schlecht bewerten muss. Andererseits bin ich dafür auch sehr dankbar, denn so kann ich viel über mich selbst erfahren und jeden Tag dazulernen. Es ist spannend mitzuerleben, wie hier die verschiedensten Charaktere aufeinandertreffen und sich um ein harmonisches Miteinander bemühen und dies auch erreichen können. Außerdem ist es toll zu sehen, wie sich die Jugendlichen hier entwickeln und welche Veränderungen sie auch in ihrer Persönlichkeit durchlaufen. Faszinierend ist, welch einen Ehrgeiz sie entwickeln können, sich jeden Tag anzustrengen, um gute Noten zu erzielen und so schnell in unserem Phasensystem aufzusteigen. Zudem lernen sie Verantwortung zu übernehmen und ihr Leben Schritt für Schritt selbst in die Hand zu nehmen. Viele der Jugendlichen hatten leider nicht das Privileg in einer „heilen“ Familie aufzuwachsen und erleben hier zum ersten Mal, was es bedeutet Geborgenheit und Unterstützung zu erfahren, aber auch Grenzen aufgezeigt zu bekommen. Einige der Jugendlichen blühen hier im Familienleben und im Umgang mit den Kindern richtig auf. Sehr wertvoll sind auch die Stunden, wenn die Jugendlichen Freizeit haben und wir die Möglichkeit haben gemeinsam Spiele zu spielen, Schlitten fahren zu gehen, einen Spaziergang zu machen, einen Jugendgottesdienst zu besuchen oder Tischtennis zu spielen. Wir können viel Spaß zusammen haben und die Jungs dürfen für diesen Moment ihren harten, durchstrukturierten Tagesablauf und die Tatsache, dass sie in Haft sind, hinter sich lassen. Außerdem bekommen sie Ideen, wie sie in Zukunft ihre Freizeit gestalten können und entdecken oftmals auch ein neues Hobby. Ich genieße die Zeit im Seehaus sehr und bin glücklich darüber, dass Gott mich an diesen Platz gestellt hat. Es ist schön, ein Teil dieser „Großfamilie“ zu sein und ich bin dankbar, dass ich mich hier so wohl fühlen und mich einbringen kann. Es ist zwar viel Zeit und Kraft, die wir in diese Lebensgemeinschaft investieren, aber was wir zurückbekommen und erleben dürfen ist sehr kostbar. Es ist ein bereicherndes Jahr, in dem ich an Erfahrungen wachsen darf, aus Herausforderung lernen, selbstständig werden und jeden Tag Gottes Liebe empfangen und weitergeben kann.
Nach ihrem Jahrespraktikum im Seehaus Leonberg hat Luisa Feigl an der Dualen Hochschule Stuttgart, Studiengang Soziale Arbeit studiert und als Praxisstelle das Seehaus Leonberg ausgewählt.