Wahre Geschichten von Versöhnung, Würde und neuer Hoffnung
Der Journalist und Autor Christoph Zehendner stellt in packenden Geschichten beeindruckende Persönlichkeiten und ihre ergreifenden Lebensschicksale vor. Wie junge Menschen im Seehaus, in kolumbianischen Gefängnissen und anderswo in der Welt von „hoffnungslosen Fällen“ zu „Hoffnungsträgern“ werden, wie unsere Welt ein Stückchen besser werden kann, wenn Menschen in anderen Menschen „das Gute“ sehen und fördern – all das beschreibt dieses Buch lebendig, ansteckend und Mut machend.
→ mit vielen Farbfotos
→ mit Nachworten von Tobias Merckle (Seehaus) und Marcus Witzke (Hoffnungsträger Stiftung)
→ mit Kurzvorworten u.a. von Ralf Rangnick, Judy Bailey, Michael Stahl und Martin Georg Cohn
erschienen im Brunnen Verlag, 224 Seiten, gebunden
ISBN: 978-3-7655-0757-1 • EAN: 9783765507571
Rezension des Buchs:
Zweitchancengeber – Wie Tobias Merckle die Gesellschaft besser macht
Leonberg (epd). Hoffnung gibt es überall, es muss sie nur einer wecken. Genau darum kümmert sich seit über zwanzig Jahren Tobias Merckle, Sohn eines der ehemals erfolgreichsten Unternehmer in Deutschland. Mit dem «Seehaus» in Leonberg bei Stuttgart bewahrt er junge Straftäter vor dem Gefängnis. Mit Versöhnungsprojekten etwa in Kolumbien zerschlägt er die Spirale von Gewalt und Vergeltung. Mit «Hoffnungshäusern» in Baden-Württemberg bringt er Migranten und Einheimische unter ein Dach. Der frühere SWR-Journalist Christoph Zehendner hat in dem Buch «Jeder verdient eine zweite Chance» Geschichte und Gegenwart dieser ungewöhnlichen Hoffnungsinitiativen zusammengetragen.
Wäre es nach dem Vater gegangen, hätte Tobias Merckle Jura studiert und dann eine Führungsaufgabe im Firmenimperium übernommen. Doch ein Freiwilliges Soziales Jahr 1990 bei einer christlichen Initiative in den USA, die sich um Drogenabhängige kümmert, krempelte alles um. Der Junior studierte Sozialpädagogik und setzt seitdem ein Projekt nach dem anderen erfolgreich in Gang.
Autor Zehendner war an Schauplätzen und hat mit denen gesprochen, denen Merckle Hoffnung machen will. Zum Beispiel mit Sedin, der wegen einer Reihe von Diebstählen mit 15 zum ersten Mal ins Gefängnis kam. Was der Resozialisierung dienen soll, ist oft nur ein Beschleuniger für die kriminelle Karriere. O-Ton Sedin: «Als Dieb kam ich ins Gefängnis – als Einbrecher kam ich raus. Nach mehreren Einbrüchen kam ich als Einbrecher wieder ins Gefängnis und als Drogendealer wieder raus.»
Im «Seehaus» in Leonberg kommen junge Straftäter in einen engen, durchgetakteten Tagesrhythmus mit Frühsport, Arbeit, geistlicher Besinnung, geselliger Gemeinschaft. Das Tagesprogramm ist für viele hart, doch sie genießen auch die Vorteile: keine Gitter und Gefängnismauern, dafür schnell Vergünstigungen, wenn man sich bewährt hat.
In Abstimmung mit dem früheren baden-württembergischen Justizminister Ulrich Goll (FDP) hat Merckle 2003 das Leonberger «Seehaus» gestartet, 2011 eine ähnliche Einrichtung in Leipzig. Ein vergleichbares Projekt gibt es vom Christlichen Jugenddorfwerk Deutschland in Creglingen (Main-Tauber-Kreis). Das Buch beschönigt nicht, dass es mit den jungen Projektteilnehmern manchmal Probleme gibt und beispielsweise durchschnittlich einmal pro Jahr einer ausbüxt. Es berichtet aber auch von Einzelnen, denen die Zeit im «Seehaus» eine Ausbildung und ein geregeltes Leben ermöglicht und den Fall in die Serienkriminalität erspart hat.
Einen Einblick in die Versöhnungsarbeit gibt Zehendner in Kolumbien. Beklemmend ist etwa seine Reportage aus dem berüchtigten, für 1.600 Inhaftierte gebauten Gefängnis «Bellavista» in Medellin, wo 8.000 Menschen zusammengepfercht leben müssen. Haupt- und ehrenamtliche Pastoren versuchen, den Insassen mit der Botschaft der Bibel an diesem finsteren Ort Hoffnung zu geben.
Noch erstaunlicher ist die Geschichte von José und Sofanor. Bei einer Auseinandersetzung streckte José Sofanor mit vier Schüssen nieder und dachte er sei tot. Doch der Schwerverletzte überlebte, allerdings querschnittsgelähmt. José nahm auf Empfehlung eines Mitarbeiters der Gefangenenhilfsorganisation «Prison Fellowship» (Gefängnisgemeinschaft) Kontakt zu seinem Opfer auf. Sofanor hatte eigentlich schon einen konkreten Racheplan ausgearbeitet, spürte dann aber die Veränderung bei dem Schützen – und vergab ihm schließlich. Heute sind die beiden beste Freunde.
Einen Beitrag zur Integration leistet Merckle mit den «Hoffnungshäusern». Es gibt sie bereits in Leonberg, Esslingen, Schwäbisch Gmünd, Bad Liebenzell und Sinsheim, weitere sind geplant. Hier leben unter einem Dach Migranten und Einheimische – mit verschiedenen Nationalitäten und Glaubensüberzeugungen. Einmal im Monat gibt es einen «Religionstreff», bei dem sich Christen und Muslime darüber unterhalten, was Bibel und Koran über Gott, Gebet oder Alltagsfragen sagen.
Eingeleitet wird das Buch mit Stimmen über die Arbeit von Tobias Merckle. TV-Pfarrer Heiko Bräuning lobt, Merckle habe Diakonie neu erfunden. Fußballtrainer Ralf Rangnick nennt die Projekte «Integration pur». Und der Hauptgeschäftsführer der IHK in der Region Stuttgart, Johannes Schmalzel, spricht von seinem Gefühl, den Tobias Merckle habe «der liebe Gott geschickt».
(0374/14.02.2021)