Dörfer der Versöhnung Ruanda

Ruanda: Versöhnung nach dem Völkermord – wie ist das möglich?

Dörfer der Versöhnung RuandaSeit 1994 ist Ruanda vom Völkermord gezeichnet. Bei dem Genozid, der ca. 100 Tage andauerte haben Hutus ca. 75% der Tutsi-Minderheit und gemäßigte Hutus umgebracht. Ca. 800.000 – 1.000.000 Menschen wurden ermordet. Dieses Verbrechen wird nie vergessen und hat sich tief im Bewusstsein von Hinterbliebenen und von Tätern eingeprägt. Wunden bleiben zurück. Doch Wunden können auch heilen.
Um Versöhnung zu ermöglichen arbeitet Prison Fellowship Ruanda seit 1995 in den Gefängnissen, um mit den Tätern zu arbeiten und sie auf ihrem Weg zu unterstützen, um die Wahrheit zu sagen, um Vergebung zu fragen und Wiedergutmachung zu leisten. Gleichzeitig arbeitet Prison Fellowship mit Opfern bzw. den Hinterbliebenen des Genozids. Sie bringt beide Gruppen zusammen und hat mit ihnen das Konzept für die Reconciliation Villages (Dörfer der Versöhnung) entwickelt. Dörfer der Versöhnung Ruanda

Dabei bauen Täter Häuser für Hinterbliebene auf. Im Anschluss helfen die Hinterbliebenen den Tätern, Häuser für sich aufzubauen. Sie werden in Einzelgesprächen und Gruppengesprächen vorbereitet und nehmen an dem Programm Opfer und Täter im Gespräch teil. Sie leben nicht nur in der gleichen Dorfgemeinschaft, sondern arbeiten zusammen und kümmern sich umeinander.

Bis heute sind acht solcher Versöhnungsdörfer entstanden: Kageyo, Mwiri, Myawera, Remera, Kabarondo, Rweru, Kimonyi, MBYO. In 822 Häusern wohnen 4992 Personen. Das gemeinschaftliche Leben wird ergänzt durch landwirtschaftliche und handwerkliche Kooperativen, mit deren Hilfe die Bewohner ein eigenes Einkommen erzielen.

John Vianne Mudaheranna und Gratien Rwamirindi sind ein Beispiel dafür, wie Versöhnung gelebt werden kann. John hat während des Völkermords die Familie von Gratien ausgelöscht, als dieser noch ein kleiner Junge war. Nachdem John aus dem Gefängnis kam, wurde er in das Projekt „Dorf der Versöhnung“ aufgenommen. „Ich wollte Gratien gleich um Vergebung bitten. Aber anfangs konnten wir uns nicht in die Augen schauen. Erst nach und nach waren Gespräche möglich“, sagt John Muhaderanna. „Es hat einfach seine Zeit gebraucht. Nach allem, was er mir und meinen Angehörigen angetan hatte, konnte ich ihm einfach nicht sofort vergeben“, erzählt Gratien. „Doch jetzt leben wir beide nur einen Steinwurf voneinander entfernt und kommen gut miteinander klar. Das ist das beste Zeugnis für das neue Ruanda“, fügt er hinzu.

Solche Beispiele zeigen, dass es sich lohnt, in Versöhnungsprojekte zu investieren, wie es Seehaus e.V. und die Hoffnungsträger Stiftung von Anfang an tun.

Versöhnung Ruanda

„Es ist schockierend, die Schicksale der Hinterbliebenen des Völkermordes in Ruanda zu hören. Gleichzeitig ist es faszinierend, wie viele es schaffen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und sich auf einen Versöhnungsprozess einzulassen. Der Prozess von Schuld und Wiedergutmachung, von Leid und Versöhnungsbereitschaft ist ein schwerer Weg für alle Beteiligten. Doch er führt in die Zukunft, in eine gemeinsame hoffnungsvolle Zukunft. Die Dörfer der Versöhnung sind durch die gemeinsame Arbeit von Opfern und Tätern entstanden. Nun können sie in Frieden und Versöhnung zusammenleben und ihre Zukunft gestalten“, sagt Stiftungsgründer Tobias Merckle.

Der Bedarf bleibt noch groß, da immer noch tausende von Tätern im Gefängnis sind und bald entlassen werden und die Opfer und Hinterbliebenen unter den Folgen des Genozids leiden. Gemeinsam mit anderen Organisationen hat die Hoffnungsträger Stiftung die Dörfer der Versöhnung unterstützt. Auch die Deutsche Botschaft und die Robert Bosch Stiftung haben zur Weiterentwicklung der Dörfer beigetragen. Weitere Dörfer sollen gebaut werden, doch bisher steht die Finanzierung noch nicht.

Der Versöhnungsprozess, der in den Dörfern in Ruanda stattfindet, hat laut Tobias Merckle Vorbildcharakter für andere Regionen der Welt, in denen Gewalt, Hass und Krieg regieren. Sie standen auch Pate für die „Dörfer der Versöhnung“ in Kolumbien.

Die Hoffnungsträger Stiftung unterstützt auch das Programm „Kinder von Gefangenen“ in Kolumbien. Über eine Patenschaft können so Kinder unterstützt werden, die unschuldig leiden und ohne Unterstützung wahrscheinlich selbst einmal im Gefängnis landen.

Mehr Informationen zur Arbeit der Hoffnungsträger Stiftung in Ruanda…

In dem Film „As we forgive“ wird das Schicksal von Rosaria und Chantale vorgestellt und wie sie den Mördern ihrer Familie begegnen…..

Für die Dörfer der Versöhnung spenden:
Spendenkonto Seehaus e.V.
Kreissparkasse Böblingen
IBAN: DE 8060 3501 3000 0817 6682
BIC: BBKRDE6B

 

 

Fotos: Dr. Albert Caspers, Tobias Merckle (Seehaus e.V./Hoffnungsträger Stiftung)

Artikel über die Dörfer der Versöhnung in Ruanda:

Robert Bosch Stiftung: Vergangenheitsbewältigung in Ruanda: Der Weg der Vergebung

Gesellschaft für bedrohte Völker: Dörfer der Versöhnung in Ruanda

Bundeszentrale für politische Bildung: Ruanda

Deutschlandfunk Nova: Versöhnungsdörfer in Ruanda: Wenn aus Tätern und Opfern Nachbarn werden

Beck aktuell: Vergeben, aber nicht vergessen: Wie Ruanda mit dem Völkermord umgeht

Deutsche Botschaft Kigali: Versöhnung in Ruanda – Besuch in Kimonyi