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RP Dr. Lars Witteck spricht sich für offenen Jugendstrafvollzug aus

Regierungspräsident Dr. Lars Witteck (3.v.r.) besuchte vor einigen Tagen gemeinsam mit seinem baden-württembergischen Amtskollegen Johannes Schmalzl das Seehaus Leonberg im Regierungsbezirk Stuttgart – ein Modellprojekt für den Jugendstrafvollzug in freier Form, bei dem Jugendliche und Heranwachsende zwischen 14 und 23 Jahren ihre gesamte Haftzeit in familienähnlichen Wohngruppen verbringen.

Schmalzl, der bereits seit langem den offenen Jugendstrafvollzug unterstützt, erläuterte seinem Gießener Pendant die Vorzüge des „Projekt Chance“ und betonte, dass sich diese Form des Strafvollzugs in Baden-Württemberg bereits sehr bewährt habe. Beide Regierungspräsidenten ließen sich von Einrichtungsleiter Georg Horneber das zugrundeliegende Konzept erläutern, während sie die modern ausgestatteten Räumlichkeiten besichtigten.

Witteck, der sich als ehemaliger Vollstreckungsleiter der Jugendarrestanstalt und Vorsitzender des Jugendschöffengerichts Friedberg bereits viele Jahre mit dem Jugendstrafrecht auseinandersetzte, begrüßt die Chancen, die der offene Vollzug den Jugendlichen bietet und will sich jetzt für eine Prüfung dieser Vollzugsart in Hessen einsetzen. Er sagt: „Intention des Jugendstrafrechts ist es, straffällig gewordene Jugendliche oder Heranwachsende vor weiteren schädlichen Beeinflussungen oder gefährlichen Konstellationen zu bewahren. Daher halte ich das Erlernen der sozialen Integration für ein hervorragendes Mittel zur Vorbereitung auf das Leben nach der Strafe.“

Da heute größtenteils prägende soziale Defizite zu dem auffälligen Verhalten führten, sei das Wegsperren allein keine Lösung. Witteck erläutert: „Eine Minderung der Rückfallgefahr jugendlicher Straftäter lässt sich nur durch Persönlichkeitsbildung und Aufarbeitung der vorangegangenen Einflüsse und Verhaltensweisen erreichen. Der offene Vollzug mit familienähnlicher Anbindung kann dazu beitragen, weniger die Defizite der Verurteilten zu gewichten, sondern vor allem deren Entfaltungsmöglichkeiten. Im Seehaus wird vorbildhaft gezeigt, dass bedeutsame Fähigkeiten wie Disziplin, Umgangsformen, Fleiß, Pünktlichkeit, Durchhaltevermögen, Frustrationstoleranz oder Selbstbeherrschung entwickelbar und (wieder) erlernbar sind. Auch der geregelte Tagesablauf und die verlässliche Stellung in der Gruppe haben auf die Jugendlichen insofern einen erzieherischen Einfluss, als hier Grenzen und Vorgaben erlernt werden können, an welchen sie sich orientieren müssen und bei deren Missachtung Konsequenzen drohen. Die Unterbringung in kleinen Gruppen ist sozialpädagogisch beherrschbar und macht aus den Verurteilten lebenstüchtige Menschen mit einer echten Chance auf soziale Integration.“ Das sei die beste Form der Prävention, die man sich vorstellen könne und deren Umsetzung auch für Hessen wünschenswert sei.

Quelle: Regierungspräsidium Gießen


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