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„Wo Zukunft wachsen kann“ – das neue Seehaus-Buch zum 20-jährigen Jubiläum

Nach „Jeder verdient eine zweite Chance“ ist anlässlich des 20-jährigen Seehaus-Jubiläums ein weiteres Buch erschienen. Es vereint 20 Geschichten von ehemaligen Seehaus-Jungs, Mitarbeitern des Seehauses und Opfern von Straftaten. Die Geschichten zeigen voller Wärme und Zuversicht auf, was passieren kann, wenn Menschen eine zweite Chance bekommen.

Mit Beiträgen über Seehaus-Gründer Tobias Merckle, ehemaligen Seehaus-Jungs, der ehemaligen Hausmutter einer Seehaus-WG, langjährigen Ehrenamtlern und FSJlern, mittlerweile erwachsenen Kindern von ehemaligen Hauseltern, Gesprächen aus der Opfer- und Traumabehandlung, inhaftierten Frauen.

Das Buch von Susanne Ospelkaus und Christoph Zehendner kann hier direkt bei uns bestellt werden.

 

 

Im Gespräch mit den Autoren Susanne Ospelkaus und Christoph Zehendner

Susanne, gemeinsam mit Christoph Zehendner hast du das neue Seehaus-Buch „Wo Zukunft wachsen kann“ begleitet, das gerade im adeo Verlag erschienen ist. Wem empfiehlst du dieses Buch zur Lektüre?
Für alle, die sich für gesellschaftliche Themen und biografische Geschichten interessieren, ist das Buch bereichernd. Sachinhalte erhalten einen emotionalen Zugang. Man spürt als Leser, wie ambivalent es ist, eine Haltung zu Rechtsprechung, Strafmaß, Wiedergutmachung, Resozialisierung und Versöhnung zu finden. Ich halte das Buch für Jugendliche ab 14 Jahren geeignet, denn es regt an, sich eine eigene Meinung zu bilden und gesellschaftliche Spannungen auszuhalten.

Dieses Buch-Projekt ist dem 20-jährigen Jubiläum von Seehaus e. V. gewidmet. Was hat für dich dieses Projekt besonders gemacht?
Während der Interviews ist mir bewusst geworden, wie komplex und professionell die Arbeit von Seehaus ist. Der Verein arbeitet nicht mit einem steifen Konzept, sondern reagiert auf die Bedürfnisse von Menschen in einer schwierigen Situation. Das Seehaus ist lebendig, wächst, verändert sich und bleibt zukunftsorientiert.

Du hast – genau wie Christoph Zehendner – zehn Menschen für dieses Buch interviewt und deren Portraits geschrieben, die in ganz unterschiedlichen Bezügen zum Seehaus stehen. Was hat dich besonders berührt?
Jede einzelne Begegnung hallt in mir wider. Vor allem die Gespräche mit den weiblichen Opfern haben sehr unterschiedliche Gefühle in mir ausgelöst: Mitgefühl, Trauer, Wut, Hoffnung. Frauen leiden unter physischer, sexualisierter und psychischer Gewalt in einer Beziehung – unabhängig der Gesellschaftsschicht. Bewegungen wir #metoo oder Debatten um victim blaming und toxischer Männlichkeit müssen uns beschäftigen und zum Handeln auffordern.

Du bist eine sehr erfahrene Autorin und arbeitest mit jungen Menschen zusammen. Gab es bei der Entstehung dieses Buches Überraschungen oder besondere Erkenntnisse, die für dich wertvoll sind?
Wenn ich mit jungen Menschen Zeit verbringe, ist sie sehr begrenzt. Mal sind es Stunden oder Tage, mal sind es kurze Begegnungen über Wochen, aber nie verbringe ich so intensiv Zeit wie die Hauseltern im Seehaus. Als ich Sophia und Andreas in der WG besuchte, hatte mich ihre Ausdauer und Geduld sehr beeindruckt. Unbeirrt sehen sie den Wert eines Menschen und bringen das in Alltagssituationen zum Ausdruck. Das inspiriert mich, den kleinen Gesten oder den kurzen Begegnungen im Alltag mehr Gewicht zu geben – vor allem gegenüber Teenagern, die ich als anstrengend und fordernd erlebe.

Christoph, gemeinsam mit Susanne Ospelkaus hast du das neue Seehaus-Buch „Wo Zukunft wachsen kann“ begleitet, das gerade im adeo Verlag erschienen ist. Wem empfiehlst du dieses Buch zur Lektüre?
In dem Buch tauchen so spannende Persönlichkeiten auf, so ungewöhnliche Lebensgeschichten, so ermutigende Beispiele von Hoffnung und Neuanfang nach Zerbruch und Scheitern – ich denke, das zu lesen kann sehr vielen Menschen guttun, sie inspirieren und hoffentlich selbst ermutigen. Ich jedenfalls hab‘ mir schon einige Bücher bereitgelegt, um sie an jüngere und ältere Menschen aus meinem Bekanntenkreis zu verschenken.

Dieses Buch-Projekt ist dem 20-jährigen Jubiläum von Seehaus e. V. gewidmet. Was hat für dich dieses Projekt besonders gemacht?
Die Portraits, die Menschen, die Persönlichkeiten. Z.B. die jungen Männer, die einst kriminell waren und als Verbrecher zu Recht verurteilt wurden. Und die sich dann im Seehaus mit Hilfe von engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Stück für Stück ins Leben, in die Zukunft ohne Gewalt, gekämpft haben. Die heute im Beruf ihren Mann stehen, zum Teil Familie haben und starke Glieder unserer Gesellschaft geworden sind.
Oder die Verbrechensopfer, die Schreckliches erleiden mussten, Gott sei Dank zur Traumaberatung des Seehauses Kontakt bekamen, ihre eigenen Erfahrungen aufarbeiteten und heute selbst Unterstützer für andere sind.

Du hast – genau wie Susanne Ospelkaus – zehn Menschen für dieses Buch interviewt und deren Portraits geschrieben, die in ganz unterschiedlichen Bezügen zum Seehaus stehen. Was hat dich besonders berührt?
Das riesige Vertrauen, mit dem mir alle meine Gesprächpartnerinnen und Gesprächspartner von Anfang an begegnet sind. Es ist ja alles andere als selbstverständlich, dass eine Frau mir vollkommen Fremden ganz offen vom größten Scheitern ihres Lebens berichtet. Oder dass ein junger Seehaus-Alumnus beichtet, dass er in einer finsteren Phase Job, Frau und Haus verlor, weil er sich dem Suff ergeben hat. Oder dass Tobias Merckle, der am liebsten gar nicht über sich redet, meinen Beitrag freigibt und mir noch ein paar spannende Details zu seiner Biographie und seinem Anliegen verrät.

Du bist ein sehr erfahrener Autor und hast bereits das erste Buch mit Seehaus-Geschichten „Jeder verdient eine zweite Chance“ geschrieben. Gab es bei der Entstehung dieses Buches Überraschungen oder besondere Erkenntnisse, die für dich wertvoll sind?
Im Seehaus kann ich lernen: Kein Mensch ist ein hoffnungsloser Fall. Wenn wir als Gesellschaft ihm oder ihr eine Chance geben und tatkräftig unterstützen, dann gibt es Hoffnung – die uns wiederum allen zu Gute kommt. Falls es eines Tages einen Nobelpreis für zukunftsstiftende Institutionen geben sollte, dann würde ich glatt das Seehaus vorschlagen!
Und noch ein ganz persönlicher Tipp zum Schluss: In dem Buch „Jeder verdient eine zweite Chance“ hatte ich die reizvolle Aufgabe, eine Reihe von Organisationen und Personen vorzustellen, die allesamt mit dem Namen und den Ideen von Tobias Merckle verbunden sind, also Seehaus, Hoffnungshäuser, Hoffnungsträger Stiftung und auch internationale Partner. So gesehen ein Überblick über zumindest einen Teil der von ihm gestarteten Werke. Jetzt im neuen Buch ist Gelegenheit, in die Tiefe zu gehen, ein Werk – eben das Seehaus – sehr viel genauer unter die Lupe zu nehmen und dabei außergewöhnliche Persönlichkeiten und ihre Geschichte zu entdecken. Daher meine ganz klare Empfehlung, zuerst das eine Buch zu lesen und direkt im Anschluss dann das nächste und dann wieder von vorne… :-)

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