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Menschen in Leonberg und Kolumbien

Als Geschäftsführer im Leonberger Seehaus unterstützt Tobias Merckle junge Gefangene auf dem Weg zu ihrer Resozialisierung und auch als Ehrenamtlicher setzt er sich in Kolumbien für eine friedvollere Zukunft ein, hilft ehemaligen Guerilleros und deren Familien.

Kreiszeitung Böblinger Bote, 17.06.2020, LEONBERG. Das Seehaus e.V. hilft nicht nur straffällig gewordenen Jugendlichen wieder auf die rechte Bahn. Die Einrichtung ist auch Mitglied bei Prison Fellowship International, einem Zusammenschluss von unabhängigen Partnerorganisationen im Bereich der freien Straffälligenhilfe in 120 Ländern. So ist auch der Kontakt nach Kolumbien zustande gekommen. Der heutige Geschäftsführer Tobias Merckle hat vor der Gründung der Leonberger Einrichtung bei Prison Fellowship International gearbeitet und die Mitgliedsorganisationen betreut. Vor 21 Jahren war Merckle deshalb zum ersten Mal in Kolumbien und war fasziniert von der guten und innovativen Arbeit von Prison Fellowship Kolumbien. „Durch diese Erfahrungen konnte ich auch viel für den Aufbau des Seehauses einbringen“, erinnert sich der Geschäftsführer einer mittlerweile anerkannten Resozialisierungseinrichtung.

Im Laufe der Zeit sind ein enger Kontakt und auch eine enge Freundschaft mit dem dortigen Leiter, Lacides Hernandez, entstanden. „Wir pflegen einen regen Austausch und besuchen uns regelmäßig“, erzählt Merckle. Mit der Gründung der Hoffnungsträger-Stiftung 2013 wurde es möglich, Programme von Prison Fellowship Kolumbien finanziell zu unterstützen. So finanziert die Hoffnungsträger-Stiftung mit
seinen Spenden das auch im Seehaus umgesetzte Programm „Opfer und Täter im Gespräch“ in vielen Gefängnissen Kolumbiens.

Die Idee für die „Dörfer der Versöhnung“ ist bei einem Besuch von Lacides Hernandez und Francisco Galan, dem ehemaligen Anführer der ELN-Guerilla, im Seehaus entstanden. Merckle hat ihnen vorgeschlagen, ob ein Programm aufbauend auf den Erfahrungen von „Opfer und Täter im Gespräch“ und von den Dörfern der Versöhnung von Prison Fellowship Ruanda in Kolumbien aufgebaut werden kann. Auf diese Weise könne ein Beitrag zum Frieden und zur Versöhnung in Kolumbien geleistet werden. Inzwischen wurden sieben solcher Programme in verschiedenen Dörfern umgesetzt. Dabei begegnen sich ehemalige Guerilla-Kämpfer, Paramilitärs und Opfer des Konflikts, nehmen am Programm „Opfer und Täter im Gespräch“ teil und bauen dann gemeinsam zerstörte Infrastruktur in ihren Dörfern wieder auf. „Wenn man gemeinsam für eine bessere Zukunft arbeitet, kann man die Vergangenheit eher hinter sich lassen, vergeben
und gemeinsam einen Neustart wagen“, weiß Merckle. Wichtig sei, dass die ehemaligen Guerillas Verantwortung für ihre Taten
übernehmen und eine Wiedergutmachung an die Opfer und die Gesellschaft leisten.

Neben der Wiedereingliederung von Straffälligen liegt Merckle auch die Wiedereingliederung von ehemaligen FARC-Guerillas am Herzen. Auch sie sind – aus ganz anderer Motivation – straffällig geworden und haben viel Leid verursacht. Durch den Friedensvertrag hat sich nach 52 Jahren Krieg eine einmalige Möglichkeit für Frieden und Versöhnung ergeben. Wenn die ehemaligen Kämpfer jedoch keine Perspektive bekommen und keine Möglichkeit haben, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, ….

Als PDF zum Download – mit freundlicher Genehmigung der Kreiszeitung Böblinger Bote